Was ist Fair beim Kaffeehandel?
Fairer Handel wird immer wieder als die bessere Alternative zum Weltmarkt dargestellt. Aber ist ein Fairer Umgang unter den Bedingungen des Weltmarktes überhaupt möglich? Wenn ja, welche Grundbedingungen müssen erfüllt sein, dass ein fairer Umgang von Händlern und Produzenten möglich ist?
Zusammenfassung von Grundsätzen, die in den vergangenen Jahren für den Fairen Handel formuliert wurden:
- Förderung von organisatorisch, wirtschaftlich und sozial benachteiligten Produzenten, Ermöglichung einer nachhaltigen Entwicklung.
- Zahlung eines fairen Preises, der im gleichberechtigten Dialog zwischen den Handelspartnern festgelegt wird. Der Preis soll die Produktionskosten decken, die Existenz der Produzenten sichern, eine sozial gerechte und umweltverträgliche Produktion ermöglichen.
- Gemeinschafts-Projekte der Produzentenorganisationen sollen gefördert werden.
- Vorfinanzierung von Produktionskosten erfolgt bei Bedarf.
- Sozial- und gesundheitsunverträgliche Arbeitsbedingungen, Ausbeutung, Kinder- und Sklavenarbeit sind verboten. Die Gewerkschaftsfreiheit muss gegeben sein.
- Gleichberechtigung von Frauen: Frauen sollen für ihre Mitarbeit angemessen bezahlt und innerhalb ihrer jeweiligen Organisationen gestärkt werden.
- Weniger gut organisierte Produzentenorganisationen sollen gestärkt und unterstützt werden, um sich auf dem Markt behaupten zu können.
- Fairer Handel bedeutet transparente Geschäftsführung und Preisgestaltung, offenlegung von Kalkulationen und Geschäftsergebnissen.
- Auf besonders umweltschädigende Pestizide soll im Anbau verzichtet werden.
Realitäten des Fairen Handels
- Produzentenorganisationen im Süden haben nicht die gleichen Einflüsse auf die Ausgestaltung des Fairen Handels wie die Großhändler im Norden.
- Die von der FairTrade Labeling Organization festgelegten Mindestpreise und Preisaufschläge stand in den letzten Jahren nicht im realen Zusammenhang zu den gestiegenen Produktions- und Lebenshaltungskosten im Süden.
- Auf Beschwerden der Produzenten wird kaum ernsthaft eingegangen.
- Die Kontrolle von Strukturen und Entscheidungen der Produzentenorganisationen wird von langjährigen Produzenten häufig als Schikane wahrgenommen, da für die Verkaufsorganisationen im Norden keine Vorgaben zu demokratischer Legitimierung, Einhaltung von Organisationsfreiheit etc. bestehen.
- Um die weltweit wachsende Nachfrage bedienen zu können, werden von der FairTrade Labeling Organization zunehmend auch größere Produzenten (in Ländern wie Brasilien) zertifiziert oder demokratische Strukturen etc. eher oberflächlich geprüft.
Sinkender Preis des Fairen Handels durch die Inflation - Berechnet auf Grundlage der Realpreise 1992
Preis pro Libra (454 g)
Auswirkungen
- Die nicht an die Lebenshaltungskosten angepassten FairTrade-Mindestpreise führten über viele Jahre zu einem deutlichen Einkommensverlust der Kleinbauern-Familien.
- Immer öfter wenden sich Kooperativen vom System des fairen Handels ab, weil die Realitäten des Handels immer weniger mit den formulierten Ansprüchen übereinstimmen.
- Das FairTrade-Siegel steht inzwischen viel weniger für einen fairen Umgang von Händlern mit Kleinbauern, sondern dient als ein Instrument zur Verkaufsförderung und Imagepflege.
Gibt es eine Alternative zum FLO-Fairtrade
Die Organisation der lateinamerikanischen Kaffee-Produzenten schlug schon 2007 nach einer ersten Anhebung der Preise (wegen der zurückliegenden Verluste) die Einführung eines regelmäßigen Inflationsausgleichs für die FairTrade-Preise vor. Diesen Schritt ist FLO bisher nicht gegangen. Die Erhöhung der Mindestpreise von Ende 2011 greift aber zumindest die wichtigsten Forderungen der Bauernorganisationen auf. Leider ist in der Zwischenzeit sehr viel Vertrauen zu Bruch gegangen. Und es zeigen sich noch keine Mechanismen ab, wie das Kräfteungleichgewicht innerhalb des FairTrade-Systems zugunsten der Produzenten verschoben werden könnte.
Die verschiedenen anderen Siegelorganisationen wie Rainforest, Utz Kapeh etc., die sich auch alle gerne als Fair bezeichnen, sind noch stärker als das FLO-System auf die Vermarktung ausgerichtet. Das von den lateinamerikanischen Produzenten initiierte Tu Symbolo / Your Symbol könnte hier eine erfrischende Alternative darstellen, da der Schwerpunkt dafür von den Produzenten gesetzt wird.
Transparenz als Alternative
Der Partnerschaftskaffee hat von Anfang an bewusst auf alle Siegel verzichtet. Die engen Verbindungen zu den Kaffee-Produzenten, partnerschaftliche Projektförderungen und ein insgesamt weit über allen Siegelvorgaben liegender Einkaufspreis sind Ausdruck eines anderen Verständnisses, eines Kaffeehandels, der viel stärker an den Bedürfnissen der Produzenten ausgerichtet ist.
Damit der Handel des Partnerschaftskaffees für Sie als Kunden nachvollziehbar und verständlich ist, veröffentlichen wir möglichst viele Informationen über die Arbeit und Kooperation mit den Bauernorganisationen. Diese Form der Transparenz ist für den Partnerschaftskaffee ein geeigneteres Mittel zur Vertrauensbildung als die Packung mit weiteren Siegeln zu schmücken.
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